Vermissen und Ängste
Ich werde immer wieder gefragt, was ich wohl am meisten vermissen werde und wovor ich am meisten Angst habe. Und ich glaube, man muss noch gar nicht auf Weltreise sein, um die Frage zumindest mal im Ansatz beantworten zu können. Ich ziehe meine Erfahrungen einfach aus den vergangenen Urlauben. Sicherlich kommen da mit der Zeit und vielleicht auch abhängig vom Land noch mehrere Dinge hinzu, aber im Moment sind das meine Antworten.
Persönliches Vermissen
An erster Stelle werde ich natürlich meine Familie und Freunde vermissen und so doof das auch klingt, aber ich glaube zu allererst werden es die Mädels in Nürnberg sein. Denn die sehe ich in meinem Alltag am meisten, neben meinen beiden Kollegen natürlich.
Mit meiner Familie und anderen Freunden, die nicht in Nürnberg wohnen, stehe ich in täglichem Kontakt über WhatsApp. Das kann ich auch im Ausland beibehalten, tue es ja auch jetzt in Urlauben und erfahrungsgemäß ändert sich da gefühlsmäßig erst mal gar nicht so viel. Aber meine Mädels in Nürnberg, mit denen ich mich abends zum Essen treffe, auf ein Glas Wein oder zum Ausgehen, Menschen die man länger kennt und tiefgründige Gespräche führt, das wird mir wohl sehr schnell fehlen. Und spätestens nach 2-3 Monaten, wenn ich auch in Deutschland mal wieder meine Eltern besucht hätte, wird mir wohl endgültig bewusst, dass es erst Mal beim virtuellen Austausch bleiben wird und ich nicht mal eben in 3 Stunden Heim zu Mama und Papa fahren kann.
Zum Glück haben wir heutzutage WhatsApp, Skype und Instagram und normalerweise bin ich niemand, der Heimweh bekommt, aber wie ich auf den langfristigen Verzicht des direkten Kontaktes mit meinen liebsten Menschen reagiere, weiß ich im Moment selbst nicht.
Zur Not geht es auf Heimatbesuch! 😉
Häusliches Vermissen
Mein Bett und mein Kissen, ganz klar, ohne nachzudenken!
Ein sauberes Bad für mich allein, das dann nur ich allein dreckig mache.
Kochen. Und mein eigenes Essen zu essen. Ich mag mein Essen. Und ich koche gern. Das hat was meditatives und man tut dabei etwas Gutes für sich.
Eine heiße Dusche! In günstigen Hostels in Asien, habe ich die Erfahrung gemacht, dass heißes Wasser Mangelware ist, was meist nicht schlimm ist, da draußen gefühlte 80T Grad sind, aber ab und zu hat man selbst in tropischen Gefilden mal Bock auf eine heiße dampfende Dusche (vor allem wenn es drinnen runtergekühlt ist).
Wenn Punkt 2, 3 und 4 einsetzen, werde ich eben mal länger irgendwo bleiben, ein nettes Airbnb mieten, mein Essen kochen und mein Bad allein dreckig machen. 😉
Materielles Vermissen
An so richtig materiellen Dingen fällt mir jetzt eigentlich nur mein Mixer ein, um mein tägliches und liebstes Frühstück, eine Smoothie-Bowl, vorzubereiten. Es soll ja Leute geben, die mit Espresso-Maschine reisen. Wenn ich nicht mit Handgepäck sondern mit Koffer reisen würde, würde ich ehrlich in Erwägung ziehen meinen Mixer mitzunehmen.
Irgendwo habt ihr jetzt sicher sowas wie Brot und Käse erwartet. Und in manchen Ländern wird das auch so sein, aber erfahrungsgemäß nur in Ländern, in denen man ständig latschiges Weißbrot zum Essen bekommt, das dann eben nicht schmeckt wie bei uns. In Asien habe ich bisher nie Brot vermisst. In Marokko nach 3 Tagen…unser Brot halt. Vielleicht hängt es auch vom Klima ab, denn mein Hungergefühl ist in den Tropen ganz anders als hier. Ich kann dort sogar mal eine Woche ohne Schokolade, hier undenkbar. Ich werde schon nervös, wenn mal einen Abend keine da ist.
Meine ÄNGSTE
Ich muss gestehen, ich habe kaum Angst. Vielleicht ist das naiv und vielleicht kommt es ja auch noch, aber ich glaube, meine Familie macht sich 1000 Mal mehr Sorgen als ich. Meine Schwägerin sagte Mal, ich habe zu wenig Angst.
Ich denke mir immer, was soll passieren (das nicht auch in Deutschland passieren kann). Und ich sehe auch gar nicht ein, mir das Schlimmste auszumalen. Ich möchte mich auf alles Kommende freuen. Tatsächlich stelle ich mir immer nur die spannenden, tollen Situationen vor.
Mir ist natürlich klar, dass ich mich auch mal einsam fühlen werde und dass auch mal was schief gehen wird. Beklaut wurde ich in Stockholm schon mal, auch als ich allein war, in Brüssel wurde ich mal in der Metro-Station von einer Gruppe Jugendlicher bedroht, ich weiß wie ich in Stresssituationen reagiere, ich kennen alle Vorsichtsmaßnahmen, mein Englisch ist sehr gut, mein Orientierungssinn ebenso, ich bin anpassungsfähig, kommunikativ usw. Und auf die wirklich schlimmen Dinge kann man sich sowieso kaum vorbereiten. Am Ende braucht der Mensch auch immer ein bisschen Glück im Leben.
Das Einzige wovor ich wirklich Angst habe und was definitiv mal passieren wird, ist dass ich krank werde und keiner ist da, um mir was zu trinken zu holen oder etwas zu essen zu bringen. Aber hey, ich wohne hier auch allein und habe mich heute morgen nach meinen Arzttermin erst mal in den Supermarkt geschleppt, weil der Kühlschrank gähnend leer ist. Ich denke, das ist mehr die Angst, dass mich in diesem Moment die Einsamkeit übermannt und ich in Selbstmitleid verfalle. Denn wenn es mir wirklich dreckig geht, rufe ich Mama an und heul mich erst mal aus, hole den Hostelbesitzer oder wen auch immer und lasse mich ins Krankenhaus bringen – dafür bezahlt man ja schließlich die Krankenversicherung.
Und wenn alle Stricke reißen, im allergrößten Notfall, rufe ich meine Eltern an und ich weiß, dass mein Papa morgen im Flieger sitzt und zu mir kommt (ohne, dass wir das jetzt schon besprochen hätten ;-)). Und für diese Gewissheit und den Rückhalt, den mir meine Familie immer gibt, bin ich sehr dankbar. Denn das, gepaart mit dem Wissen um meine eigenen Fähigkeiten, gibt mir wiederum die Freiheit, meinen Dickschädel durchzusetzen und ziemlich unbeschwert und positiv in die Welt hinausziehen zu können.